Adele hat nach Jahren der Abstinenz wieder einmal einen echten Volltreffer mit dem Song „Go easy on me“ gelandet. Der Song taugt was, habe ihn gerade für ein anstehendes Event gelernt und dabei zwangsläufig genauer hingehört, als wenn das Lied einfach nur im Radio gelaufen wäre. Sie verarbeitet darin ihre Scheidung und läßt als Hauptaussage durchscheinen: „Go easy on me“ – Sei nachsichtig (nicht so streng) mit mir. Hand aufs Herz, wer von uns könnte nicht auch ein bisschen mehr Nachsicht und Gnade mit seinem Umfeld (manchmal auch mit sich selbst) gebrauchen? Wie oft fällen wir blitzschnell ein glasklares Urteil über das Verhalten anderer, ohne uns vorher über deren persönliche Beweggründe informiert zu haben? Weiss ich denn, warum Adele sich scheiden ließ? Nee. Immerhin erklärt sie’s im Song ansatzweise, so dass man Gründe dafür erahnen kann. Doch nicht jeder hat die Gelegenheit, einem breiten Publikum sein Herz auszuschütten und Erklärungen für sein Handeln anzubieten. Will auch nicht jeder. Doch leider tappe auch ich immer wieder in die „Schubladen-Falle“. Erst neulich habe ich jemanden, mit dem ich bei einem musikalischen Event zu tun hatte, ultraschnell in solch eine gesteckt und (zum Glück fällt mir das wenigstens nicht so schwer) danach meine Einstellung wieder revidieren müssen. Da er letztlich doch nicht so war, wie ich zuerst angenommen hatte. So sind wir Menschen leider, stimmt. Doch sollten wir das wenigstens stets präsent haben, finde ich. Bevor wir also anfangen, uns über das Verhalten von diesem und jenem aufzuregen, sollten wir erstmal ganz kurz innehalten und überlegen, ob wir auch tatsächlich laut aussprechen müssen, was uns so durch den Kopf geht. Oder, noch schlimmer, jemanden mit einem Verhalten konfrontieren, das wir selbst Null nachvollziehen können, weil uns der Hintergrund und damit auch die Empathie dafür komplett abgeht. Daher sollte ein: „Dieses Verhalten verstehe ich ehrlich gesagt nicht“ das Äußerste an Distanzierung sein, was uns über die Lippen kommen dürfte. Ein: „Aber er (sie) wird (werden) wohl seine (ihre) Gründe dafür haben“, ist da schon deutlich besser und angebrachter. Auch unserer momentan krass gespaltenen Gesellschaft täte ein bisschen Milde und Nachsicht füreinander gut. Genauso wie ein bisschen mehr echtes Interesse aneinander, statt alles / alle nur nach der eigenen Sichtweise zu beurteilen oder Andersdenkenden reinzudrücken, was unserer Meinung nach sinnvoll und richtig für sie wäre. Wissen wir das denn tatsächlich so genau?? Wer zu sich selber gnädig ist, dem fällt es viel leichter, auch mit anderen nachsichtiger zu sein. Also fangen wir doch einfach damit an, uns ganz entspannt auch ein paar Ausrutscher zuzugestehen. Und nein, das Ganze endet sicher nicht so, dass dies dann lediglich als Ausrede herhalten muss, um uns nicht mit unseren Schwächen auseinandersetzen zu müssen. Keine Angst, Leute: Unsere Schwächen kennen wir sehr, sehr gut! Die meisten von uns jedenfalls 😉 Bleiben wir doch daher lieber in einer interessiert entspannten Haltung zueinander. Ich glaube, das verlängert nicht nur das Leben, sondern bringt auch mehr positives Lebensgefühl im Alltag.

Umarme jede Season
Wir haben letztens ein Video mit Leo Bigger angeschaut, der diesen Satz von sich gab auf die Frage hin, wie er es geschafft hätte, auch nach 30 Jahren noch eine glückliche Ehe mit seiner Frau zu haben. Da ist was dran, auch wenn das nicht immer so einfach ist, wie es sich sagt. Ganz praktisch gesehen ist es für mich beispielsweise nicht immer einfach, trübes Wetter + Regen inklusive Kälte und Nebel willkommen zu heißen. Doch was dann jetzt machen? Entweder die ganze Zeit rumheulen, wie kacke alles gerade doch ist und wieviel besser doch vergangene Zeiten waren. Oder eben einfach das Beste daraus zu machen. Dadurch, dass ich jetzt zur Kalt-Duscherin/Schwimmerin geworden bin, hat sich meine Einstellung zum deutschen Winter zumindest geringfügig verbessert. Ich komme 5 Minuten in 7,9 Grad kaltem Flusswasser klar, also gehe ich auch von ein paar nasskalten Tagen nicht gleich tot. Als wir gestern jedoch bei dichtestem Nebel vor dem Finsterroter See standen, in dem wir vorhatten, unsere wöchentliche Wild Swimming Einheit zu absolvieren, da hatte Frau Sturm urplötzlich eine Blockade. Und die wollte und wollte einfach nicht verschwinden. Tja, und was nun?
Manchmal geht‘s einfach nicht – bei Nebel mach ich dicht
Laut Vorhersage hätte am Samstag fast den ganzen Tag über die Sonne scheinen sollen. Daher haben wir gewartet und gewartet, dass sich endlich der Nebel auflöst und wir zum Schwimmen fahren können. Als gegen 16 Uhr tatsächlich ein paar schwache Schimmer Blau durch die Nebelschwaden hindurchblitzten, schwangen wir uns freudig ins Auto in der Erwartung, dass es im höher gelegenen Finsterrot schön sonnig sein würde. Mist, es war dort überhaupt NICHT sonnig, sondern noch viel nebliger als zuhause. Du konntest fast die Hand vor Augen nicht mehr sehen. Voll der Witz! Der beste Ehemann von allem meinte, nun wären wir schonmal da und es böte sich daher an, das zu ignorieren und uns einfach in die Fluten zu stürzen wie sonst auch. Ich stand also vor der Nebelsuppe und sah etwas, das Null Komma Null Anziehungskraft auf mich ausübte. In meinem Kopf noch die Worte meines Onkels, der erst letztens meine Disziplin dahingehend bewundert hatte. Doch konnte ich das hier echt durchziehen? Als ich dann bemerkte, dass sich auch noch etwaige Zuschauer auf dem Spielplatz daneben befanden, wusste ich definitiv: Das geht diesmal nicht. Micha meinte, dann ginge er eben alleine rein, um seine Schulterschmerzen zu heilen. Irgendwo her kannte ich diese Taktik, jawohl. Doch selbst damit ging nix. Es endete damit, dass wir bei dichtem Nebel um den See joggten, um nicht ganz für die Katz hergekommen zu sein. Und als ich zu Micha sagte, ich würde ihn keinesfalls retten, wenn aus dem dämmerigen Nebel plötzlich ein Meerungeheuer auftauchen würde, ließ er sich dann doch dazu überreden, das Ganze auf den nächsten Tag zu verschieben. Gott sei Dank! Ich war ehrlich gesagt schon bissle enttäuscht von mir, aber auch nachsichtig. Denn ich weiß, dass es meistens einen guten Grund gibt, auf mein Bauchgefühl zu hören. Selbst wenn ich den in diesem Fall vielleicht niemals erfahren werde. Was dann am nächsten Tag so gelaufen ist, erzählt der liebe „Alfonso“ gleich in einem Gastbeitrag höchstpersönlich.

Gastbeitrag von Micha
Es wird kälter – alles. Die Lufttemperatur, zu spüren beim Radfahren und Joggen, bei der Gartenarbeit und beim Spazierengehen mit der allerschönsten Frau der Welt. Und natürlich wird auch die Wassertemperatur kälter. Das war mir schon klar, als das Wochenende nahte und damit auch Evies „Ice – Swim – Projekt“. Bisher habe ich sie dabei immer sehr gerne unterstützt, nicht nur vom Ufer aus. Mein eigentliches Problem an diesem Wochenende war aber nicht die abnehmende Temperatur, sondern ein tierischer Schmerz in meiner linken Schulter. Wahrscheinlich ein eingeklemmter Nerv. So gut wie jede Bewegung tat furchtbar weh. Joggen ging gerade noch so, musste das Tempo aber sehr niedrig halten, weil ich nicht mal richtig durchatmen konnte, es schmerzte einfach zu sehr.
Und dann kam der Sonntag. Nach dem Gottesdienst war relativ gutes Wetter, trocken, 9 Grad (meine Frau: ideales Badewetter!) und nebelfrei.

Eigentlich hätte ich mich ja tausendmal lieber auf dem Sofa meinem Schmerz ergeben, mich etwas von Evie massieren und mit Tigerbalsam einschmieren lassen. Aber ich bin ja ein Mann. Ein Ehemann. Der zuverlässig unterstützt. Also, auf zum Kocher! Nachdem ich Evie im Wasser herumschwimmen sah – wie immer total verzückt – kam mir der Gedanke, dass so ein Bad im kalten Wasser eventuell tatsächlich heilende Wirkung auf meine Schulter haben könnte, worüber sie mich schon mehrmals aufgeklärt hatte. Doch wenn meine Frau von etwas begeistert ist, dann findet sie meistens einfach ALLES daran gut. DAS weiß ich eben auch. Wie auch immer, viel zu verlieren hatte ich ja nicht, also raus aus den Klamotten und rein ins 8 Grad kalte Nass..Nach der ersten Gewöhnungsminute dann die ersten Schwimmzüge. Bei jedem Zug betete ich: „Bitte Gott, lass meine Schulter besser werden….“ Da man im Wasser ja zuerst mal nur die Kälte und später die eigene Körperheizung spürt, musste ich nach den obligatorischen 5 min erstmal aus dem Wasser raus, um wirklich realisieren zu können, wie es nun um meine Schulter stand. Und siehe da, es war auf einmal wirklich viel, viel besser. Fast kein Schmerz mehr. Genial, sowas von genial! Erst war ich noch etwas skeptisch und wollte abwarten, wie es dann zuhause sein würde. Evie sprang auf dem Weg zum Auto vergnügt auf und ab wie ein junges Pferd, so wie sie das immer macht, wenn sie aus dem kalten See/Fluss oder der Dusche kommt.

Das traute ich mich aber noch nicht, obwohl ich mich eigentlich auch echt gut fühlte.

Update (4 Stünden später):
Die Schulter ist immer noch so viel besser! Der kleine Restschmerz (ähnlich wie beim Muskelkater) verschwindet sicher in den nächsten ein bis zwei Tagen auch noch. Notfalls nehme ich eben nochmal ein kleines Extra-Bad im Kocher. Ob ich Evie da dann auch schon wieder dazu kriege? Aber klar, da bin mich mir todsicher 😉
