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Die Hallux – Ade – OP – Idee

Am Anfang war der Hallux. Dann der Schmerz. Dann die Idee, den Schmerz zu beseitigen. Doch wann? Und wie? Das Thema Hallux ist in unserer Familie genetisch bedingt. Bei meiner Oma war die Fehlstellung zum Schluss so ausgeprägt, dass ihr Großzeh komplett über den Nachbarzeh ragte. Soweit will ich es nicht kommen lassen, schränkt dann auch beim Sport irgendwann massiv ein. Selbst der Orthopäde meint, wenn Schmetterlingseinlagen nix mehr brächten, würde er die OP nicht mehr allzu lange hinausschieben. Je stärker die Fehlstellung desto schwieriger das Operieren. Einleuchtend. Auch wenn diese Worte aus dem Mund eines Mannes kommen, der seine Bodybuilder Muckis für meinen Geschmack ein klitzekleines bisschen zu offensichtlich präsentiert. Und für einen Arzt zu gut aussieht. Zu einem Sunnyboy wie ihm würde eher der Beruf des Schauspielers passen. Oder Fitnesstrainer, da wäre er auch nicht fehl am Platz. Als er meinen Fuß dann jedoch behutsam wie einen Babyfuß in die Hand nimmt und vorsichtig von allen Seiten betrachtet, glaube ich ihm irgendwie. Obwohl mir sonnenklar ist, dass Orthopäden sowas wahrscheinlich in der Ausbildung beigebracht bekommen. Er hat zudem einige Jahre in der Schweiz praktiziert, dort auch die Hockey Nationalauswahl medizinisch betreut. Nun, wenn die Referenzen auch noch passen…Ich wette, der fährt Corvette. Oder Tesla. Würde wiederum dagegen sprechen, ich lass mich doch nicht von nem Corvette Fahrer operieren. Naja, schließlich einigen wir uns dann doch auf einen OP Termin Anfang November. Als ich eine Woche vorher zum OP Vorgespräch komme merke ich vorsichtshalber mal lieber an, dass ich eine spinale Anästhesie will. Er schaut mir fest in die Augen und meint glasklar: „Hallux OPs führe ich NUR unter Vollnarkose durch, tut mir leid Frau Sturm“. Als ich erläutere, warum ich Vollnarkosen nur schlecht vertrage und daher unbedingt die spinale brauche, meint er nur, ich könne morgen beim Narkosegespräch den Anästhesisten ja mal danach fragen, er glaube jedoch nicht, dass da was anderes rauskäme. Der Narkosearzt, busy – freundlich – gestresst wie Anästhesisten halt so sind, hat stahlblaue Augen, die mit dem Blau seiner OP-Haube um die Wette eifern. Ebenfalls smarter Typ. Junge, sehen die denn hier alle so gut aus? Auf meine Frage, der ich gleich hinterher schiebe, dass sowas durchaus mit spinaler Narkose machbar ist, ich hätte mich informiert, antwortet er jedoch ebenso entschieden: „Nein, machen wir hier nicht. Dazu haben wir nicht die Kapazität. Er überlegt ne Sekunde, ich schöpfe schon Hoffnung. Doch dann: „Ich müsste sie länger hierbehalten und sollten sie danach Kopfschmerzen bekommen, müssten sie wiederkommen, sorry, nein.“ Da hilft nix, das sehe ich sofort. Diese Augen sind nicht bestechlich, eisig blau und undurchdringlich wie ein Gletschersee. Ich würde ihm ja zu gern entlocken, dass das nett umschriebene „keine Kapazität“ in Wahrheit wahrscheinlich eher ne nette Umschreibung ist für möglichst viele OPs im Ruckzuck Verfahren durchzuziehen. Mehr Effizienz = mehr Kohle = mehr Corvette Besitzer. Junge, wenn du wolltest, könntest du das durchaus. Rein fachlich gesehen zumindest. Aber du willst halt leider nicht, was soll man da schon machen…

Mit denen war’s dann wohl nix

Abends schrieb ich Orthopäde „George Clooney“ gegen 23 Uhr noch ne Mail, ich würde mich wirklich Mega gern von ihm operieren lassen, nur verstünde ich einfach nicht, warum dies nicht auch mit spinaler Anästhesie gehe. Ich glaubte (und das stimmt bis heute) dass er sein Handwerk 1A verstehe. Leider müsse ich die OP aber, falls dies partout nicht möglich sei, kurzfristig absagen, Darauf antwortete er mir umgehend (man bedenke, 23 Uhr!) er sei darauf angewiesen, dass seine Patienten ihm vertrauten und denke, das sei in meinem Fall nicht so, daher wolle auch er mich jetzt nicht mehr operieren und schlage vor, die OP woanders machen zu lassen. Er sei mir aber keinesfalls böse. Aaaalles klar. Jetzt bin plötzlich ICH schuld weil ich’s mir mit ihm versaut habe. Sind Orthopäden eigentlich alle so „Business – nett“ beziehungsweise „manipulativ – überempfindlich“ unterwegs?

Plan B

Also nach ner Klinik umgeschaut. Spinale Anästhesie wollen Sie? Kein Problem. Und ambulant? Ja klar geht das. Na also, geht doch. Ob die Chirurgen dort auch Koryphäen auf ihrem Gebiet waren konnte ich allerdings nicht zuverlässig beurteilen, denn dort gab‘s nur‘n ultra kurzes Vorgespräch. Zumindest aber sah der Chirurg mit ausländischem Akzent dort eher nach Chirurg aus und nicht nach einem Fitness Model. Irgendwie ganz beruhigend. Nächster freier Termin: Nächstes Jahr Mitte April. Ernsthaft? Na gut. Erstmal unsere Konzert Tournee beendet zu haben und frisch erholt aus dem Urlaub zurück zu sein war vielleicht auch nicht verkehrt. Und dass ich mit Cherry beim Tag der offenen Tür der Sparkasse noch unoperiert spielte, war die beste Entscheidung ever. Wusste ich zu dem Zeitpunkt aber alles noch nicht.

Als der OP Tag gekommen war, rannte ich davor noch ein paar Stunden in meinem geliebten Wald herum, wohl wissend, dass ich vorerst nicht mehr so schnell in diesen sportlichen Genuss kommen würde. Micha übernahm den Bring und Abhol – Shuttle in die Klinik, was mich sehr beruhigte.

Im OP – ein Bienenkorb ist nix dagegen

Nachdem mir dann die Nervenblockade in die Kniekehle gespritzt worden war fühlte ich im linken Bein schon bald nix mehr. Danach wurde mit die Nadel im Sitzen zwischen meine Wirbel gerammt. Quatsch, alles halb so schlimm. Als ich untenrum nix mehr spürte, speedete ein sympathischer Pfleger namens Michael (ebenfalls sehr beruhigend) mich in flottem Tempo in den OP, wo es zuging wie beim Boxen Stopp der Formel 1. Ich durfte zum Glück Kopfhörer aufsetzen und mein iPad mitnehmen, die leider nur bedingt das Geräusch der Säge (es waren zwei unterschiedliche Töne, das hörte ich ganz genau) dämpften, die gerade meine Knochen durchsägten. Da Beruhigungsmittelchen bei mir eh nie wirken, verzichtete ich darauf und war live dabei. Zugegeben, schon komisch, wenn man ab der Hüfte spürt, wie an einem rumgerüttelt wird und alles darunter vibriert. Auch wenn man nix spürt und sieht, denn eine Trennwand nimmt dir zum Glück die Sicht auf die gut hörbaren Schreiner Arbeiten, die da gerade an deinem Fußknochen vorgenommen werden. Ich wollte es mit lieber nicht ganz so plastisch vorstellen, auch wenn sich das leider doch nicht ganz vermeiden ließ. Alle schienen gut gelaunt zu sein, meine Anästhesie Überwachung hüstelte öfter herum aber ich unterließ es dann doch lieber, sie zu fragen, ob sie ein Hustenbonbon bräuchte. Hätte ihr in meiner Lage ja eh keins bringen können, daher hörte ich eben mein langweiliges Hörbuch weiter. Nach ca. 45 min dann plötzlich geschäftiges Aufräumen und ruckzuck waren die fleißigen „Handwerker“ alle wieder fort.

Und wer holte mich dann aus der OP – Box ab? Klar, Pfleger Michael. Er klärte mich dann im Aufwachraum (ich war ja wach, warum musste ich da eigentlich rein?) darüber auf, wie bescheuert unser Gesundheitssystem mittlerweile geworden ist. Und dass Medizin vorwiegend nach wirtschaftlichem Arbeiten, Effizienz und Zeiteinsparung funktioniere. Kleinere Kliniken wie diese hier sollten zu großen Polykliniken umgewandelt werden und das Wohl des Einzelnen stünde schon lange nicht mehr im Zentrum. Nebenher maß er sich den Blutdruck. Warum das denn? Er habe vererbten Bluthochdruck, müsse Betablocker nehmen. Der Arme! Irgendwann kam dann MEIN Michael zum Abholen und Michael und Michael wurden einander vorgestellt 🙂 Ständig wurde gefragt, ob ich denn zur Toilette müsse. Als ich endlich Pipi machen konnte und sichergestellt war, dass meine Blase noch funktionierte (aha, deshalb) durfte ich immerhin noch ultrakurz mit dem Ungarisch stämmigen Chirurgen sprechen, der bereits Feierabend bereit war, die Jacke an hatte und schnell erklärte, was er mit meinem Fuß so angestellt hatte. Ne Rücküberweisung zum Orthopäden, ein Rezept für Schmerzmittel und Thrombosespritzen in die Hand gedrückt und Tschüß. Hä? Wie gibt man sich denn bitte Spritzen in den Bauch? Noch nie gemacht. Naja, mit YouTube würde das schon irgendwie hinhauen, sagte ich mir und war zu diesem Zeitpunkt noch so richtig gut drauf. Schließlich war das Schlimmste geschafft, oder? Oha Evie! Hätte ich gewusst, was mir bevorsteht, wär mir das Grinsen echt vergangen! Doch diesen Horror erspar ich euch erstmal lieber noch, das ganze Drama erfahrt ihr im nächsten Beitrag noch früh genug 😉

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